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Integration

Keine familien- und ausländerfeindlichen Parolen bitte!

veröffentlicht von V. Ammer am 25.10.2012
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In ihrer Ausgabe vom 16. Oktober 2012 berichtete die Lippische Landeszeitung (LZ) von Sprachcamps der AWO in Ostwestfalen-Lippe, mit der Fünft- und Sechstklässer gefördert werden sollten, die Probleme mit der deutschen Sprache haben. LZ-Redakteurin Katrin Kantelberg schrieb in einem Kommentar dazu, dass dieses Projekt einen schalen Geschmack zurücklasse: „Wieder einmal wird jenen die Verantwortung abgenommen, die sie – zumindest in Teilen – selbst tragen müssen“ schreibt Kantelberg. Ein berechtigter Einwand? Sind Eltern, die ihr Kind die kostenpflichtige Teilnahme an einem solchen Sprachförderungsprojekt ermöglichen, wirklich zu bequem, ihre Kinder selbst ausreichend zu fördern? Die Tragweite dieser Behauptung wird vielleicht klarer, wenn man mal den Begriff Sprachkurs durch Mathematik-Nachhilfekurs ersetzt: Sind Eltern, die ihrem Kind Nachhilfe in Mathematik bezahlen, lediglich zu bequem? Müssten Sie nach diese Logik nicht statt dessen ihre eigenen Mathematikdefizite ausgleichen, um ihr Kind entsprechend selbst fördern zu können?

Maren Ammer, Schülerin am Gymnasium in Horn, kritisiert dementsprechend den LZ-Kommentar:

„Ich möchte mich hiermit deutlich gegen den Kommentar von Katrin Kantelberg aussprechen, wobei mich besonders folgender Satz empörte: „[...] es sind ihre Eltern, die es aus Nichtwissen, aber auch aus Desinteresse zu Hause versäumen, ihren Nachwuchs bestmöglich zu fördern.“

Dies ist eine schwere Anschuldigung, die viele Eltern getroffen haben wird, die ihren Kindern mehr Förderung zukommen lassen wollen, als ihnen selbst möglich wäre. In Deutschland hat der Bereich Nachhilfe einen sehr großen Anteil am Schulerfolg der Kinder, was meiner Auffassung nach gegen das Schulsystem spricht, nicht gegen die Eltern, da diese Tatsache unweigerlich dazu führt, dass Kinder aus wohlhabenderen Familien in der Schule durchschnittlich besser abschneiden. Handeln aber die Eltern dabei wirklich aus Desinteresse? In dem Artikel und dem dazugehörigen Kommentar geht es um Sprachförderung für Kinder mit Migrationshintergrund. Dabei frage ich mich, wie man die Weitergabe seines Sprachvermögens aus Desinteresse verweigern könnte. Durch Schweigen?

Des weiteren glaube ich, dass Kinder auf Grund ihrer ausländischen Wurzeln eigentlich keinen Nachteil, sondern viel eher einen kaum geschätzten Vorteil haben: Die meisten dieser Kinder wachsen zwei- oder mehrsprachig auf. Obwohl das als „Sprachdefizit“ in der Schule auffällt, ist die erbrachte Leistung höher und wirkt sich auch positiv auf das Lernvermögen aus, vor allem, was das Erlernen weiterer Sprachen angeht (s.a. bilingual-erziehen.de/zweisprachigkeit/info/vor-und-nachteile/). Und gerade in Zeiten der Globalisierung und angestrebtem Weltfrieden ist das Überwinden von Sprachbarrieren elementar. Ich sage daher: Nicht die Kinder dem Schulsystem, sondern das Schulsystem den Kindern und dem Wandel der Zeit anpassen!

Kritisch sehe ich hier aber auch die journalistische Arbeit: Das Verbreiten von familien- und ausländerfeindlichen Parolen gehört wohl nicht zur sachlichen Berichterstattung, die Kernaufgabe des guten Journalismus, und stellt sich zudem der politisch oft geforderten Integration in den Weg.“

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