CDU/FDP: Einheitliche Beitragspämie | 
| veröffentlicht von V. Ammer am 20.3.2010 | 
Was bedeutet „Entkoppelung der Gesundheitskosten von den Lohnkosten“?
Ein Standpunkt von V. Ammer
Was die geplanten Veränderungen im Gesundheitssystem betreffen, bleiben  CDU und FDP wohl ganz bewusst sehr diffus. Das böse Wort „Kopfpauschale“  wird tunlichst vermieden. Statt dessen wird von einer Entkoppelung der  Gesundheitskosten von den Lohnkosten gesprochen. Gemeint ist das  Gleiche.  
Doch was bedeutet eine einheitliche Beitragspämie mit  Sozialausgleich wirklich? Mitglieder der gesetzlichen  Krankenversicherung mit relativ hohem Einkommen werden hiervon  profitieren, da sie dann nur noch den niedrigeren einheitlichen  Beitragssatz zahlen. Doch was auf der einen Seite gespart wird, muss ja  an anderer Stelle wieder hereinkommen, da ja die Kosten unabhängig vom  System gleich bleiben. Mehr zahlen dann zunächst erst einmal alle mit  niedrigerem Einkommen.  
Nun beteuert die FDP, es werde einen Sozialausgleich aus  Steuermitteln geben. Es fällt schwer zu glauben, dass dieser genauso  hoch sein wird, dass Bezieher des Sozialausgleichs tatsächlich nicht  mehr zahlen als nach dem derzeitigen System. Gewollt ist ohne Frage ganz  bewusst eine Entlasstung derer, die nach dem derzigen System mehr  zahlen müssen. Ein Hoher Sozialsausgleich würde diese Einsparungen  indirekt durch höhere Steuern zunichte machen, zumal die FDP sich ja  Steuersenkung auf die Fahne geschrieben hat.  
Der Gerechtigkeitsbegriff der FDP ist der, dass alle Menschen,  unabhängig von ihrem tatsächlichen Leistungsvermögen die gleichen  Beiträge zahlen sollen. Wer das nicht kann, muss staatliche  Unterstützung beantragen. Nichts anderes ist nämlich ein solcher  Sozialausgleich – eine Art Hartz IV im Gesundheitssystem.  
Den Menschen mit niedrigem Einkommen wird auf diese Weise ein  weiteres Stück ihrer Würde genommen. Haben sie bislang das Gefühl, durch  die prozentuale Beitragsbemessung, ihren angemessenen Teil zum  Gesundheitssystem beizutragen, werden sie durch den Systemwechsel zu  Hilfsempfängern gemacht.  
Zukünftig würde dann auch die Diskussion über die Höhe des  Sozialausgleichs von der über die Beiträge entkoppelt. Denkbar und nicht  unwahrscheinlich sind dann durchaus Situationen, in denen der  einheitliche Beitrag gesenkt wird, Bezieher niedriger Einkommen aber  nicht davon profitieren, da gleichzeitig der Sozialausgleichssatz  reduziert würde. So, wie dies zur Zeit bei den Zusatzbeiträgen läuft.:  Ein einkommensunabhängiger Zusatzbeitrag von 8 €, wie ihn dieses Jahr  viele gesetzliche Krankenversicherungen erheben, macht keinen  Unterschied zwischen niedrigem und hohem Einkommen. Dies zeigt schon  heute deutlich, wo die Reise nach CDU- und FDP-Willen hingehen soll.  
Statt des radikalen Systemwechsel wird angesichts des  Wiederstandes in weiten Kreisen der Bevölkerung nun eine Strategie der  vielen kleinen Schritte verfolgt. Das Ziel bleibt das gleich. Sprüche  wie „die Kopfpauschale ist vom Tisch“ sollen lediglich einlullen. Das  Solidaritätsprinzip wird Schritt für Schritt aus der Beitragsgestaltung  herausgenommen und durch Transferleistungen ersetzt. Menschen mit  niedrigem Einkommen werden immer mehr zu Bittstellern. 
Die bisherigen Systemvorteile des gesetzlichen  Krankenversicherungssystems werden der privaten Krankenversicherung  angeglichen. Zunächst wird Stück für Stück die Einkommensabhängige  Beitragsgestaltung abgeschafft, als nächstes folgt mit Sicherheit das  Prinzip der beitragsfreien Mitversicherung von Familienangehörigen ohne  eigenes Einkommen. 
Insgesamt wird dadurch das System der Zweiklassenmedizin  verstärkt. Die Beitragsersparnisse für Pflichtversicherte mit höherem  Einkommen können diese nutzen, um sich über private Zusatzversicherungen  besser abzusichern. Arbeitgeber werden nach und nach komplett aus ihrer  Verantwortung für die Krankenversicherungskosten ihrer Mitarbeiter  entlassen.  
Statt dass wie bisher Arbeitgeber und Krankenversicherte  gleichermaßen ein Interesse an niedrigen Beiträgen haben, wäre diese  Thema zukünftig für Arbeitgeber irrelevant. Und innerhalb der  Versicherten gäbe es zwei Gruppen. Diejenigen, die auf einen  Solidaritätsausgleich angewiesen wären, stünden mit ihren Interessen den  Versicherten mit höherem Einkommen entgegen.  
Gesundheitsversorgung wird immer mehr von einem Grundrecht zur Ware für den, der es sich leisten kann.  
Die Alternative liegt klar auf der Hand: Eine Bürgerversicherung,  an der sich alle Bürger entsprechend ihres Einkommens solidarisch  beteiligten. Eine Bürgerversicherung, die an einer Beitragsbemessung  und/oder einer Pflichtversichertengrenze festhielte (SPD-Modell)  verdient nicht den Namen Bürgerversicherung. Insofern stellt die  Kopfpauschale von CDU und FDP das radikale neoliberale Modell und die  Bürgerversicherung nach Vorstellungen von SPD und Grüne lediglich eine  moderatere Version des gleichen Modells dar. Eine echte solidarische  Alternative sieht anders aus.  
Welche Alternative sieht die Linke? 
„Mit der solidarischen Bürgerinnen- und Bürgerversicherung will  die Fraktion DIE LINKE daher für soziale Ge-rechtigkeit sorgen und die  Krankenversicherung fit für die Zukunft machen:  
- Jeder Mensch wird Mitglied der solidarischen Bürgerinnen- und Bürgerversicherung.  
- Alle Einkommensarten einbeziehen: Alle, auch die heute privat  Versicherten, zahlen entsprechend ihrem Einkommen aus Löhnen, Honoraren  sowie Miet-, Pacht- und Kapitalerträgen in die Bürgerversicherung ein.  
- Beitragsbemessungsgrenze abschaffen: Der Beitrag richtet sich  damit nach der finanziellen Leistungsfähigkeit: Wer wenig hat, zahlt  also wenig, wer mehr hat, zahlt in absoluten Beträgen mehr.  
- Parität wieder herstellen: Die Arbeitgeber tragen die Hälfte der Beiträge ihrer Beschäftigten auf Löhne und Gehälter.  
- Private Krankenversicherung als Vollversicherung abschaffen: Die  private Kran-kenversicherung wird auf Zusatzversicherungen beschränkt.  Das in Europa ein-zigartige Nebeneinander von gesetzlicher und privater  Krankenversicherung wird damit beendet.“ Quelle:  http://die-linke.de/politik/themen/themen_az/ad/buergerversicherung/